Fin

Es ist fast ein herbstliches Gefühl. Immer wieder Vollendung.
Am letzten Wochenende, das mir demonstrierte, dass meine Tochter, das kleine honigblond gelockte Mädchen, längst ein eigenständig denkender Mensch geworden ist. Als eine junge Frau im Abendkleid auf der Bühne stand und eine Laudatio auf ihren Lehrer hielt. Eine Rede, die sie in der Nacht vorher entworfen hatte.
Heute, als wir in Hitze und Schwüle den Transporter ausluden und ich später inmitten von Kisten in ihrer Wohnung saß und begriffen habe: Das, was wir beide gewollt haben ist jetzt wahr geworden. Die junge Frau hat ihren eigenen Raum, ihren eigenen Verantwortungsbereich.
Die junge Löwin springt ins Leben. Ich bleibe zurück. Älter, der Blick in den Spiegel zeigt mir immer öfter eine Frau, die mir fremd ist. Die in mir Erstaunen auslöst. So also sieht das aus, wenn ich alt werde.
Was kommt nach so viel, das endet? Weisheit? Sicher nicht. Gelassenheit? Ja, die spüre ich schon. Klugheit? Da habe ich Zweifel.
Wo ist mein Platz? Wieviel Zeit habe ich noch? Wieviel Möglichkeit? Wieviel Spielraum? Wieviel schaffende Substanz?
Am nächsten Wochenende die nächste Zäsur. Krankenhaus. Abschalten lassen für ein paar Stunden, dann die Maschine wieder hochfahren. Routine eigentlich. Andere lassen das für ein Lifting mit sich machen Ich habe Angst vor den Stunden im Nichts, dem mühseligen Zurückkehren in die Welt und vor den Schmerzen.
Angst vor der Zukunft, aber auch Neugier sind die Grundgefühle.

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