Morgenstimmung

Gerade eben, vor einer Stunde, habe ich es begriffen. Es ist vorbei. Ich bin keine Mutter mehr. Das Kind wächst nur noch heran wie eine junge Löwin, mit genügend Essen und Platz, um Anlauf zu nehmen für den Sprung ins Leben. Mein geliebter Zerstörer ist aufgebrochen zu neuen weiblichen Ufern. Garantiert ohne Rückfahrkarte. Zum ersten Mal keine Verpflichtung, die Kontrolle, den Überblick zu behalten, für andere mitzudenken, die letzte Kraft immer in Reserve zu halten.
Ich erlebe Eruptionen von Vitalität. Um mich herum müssen sich derzeit alle anschnallen. Wie oft habe ich getrauert, daß ich meinen Esprit verloren hatte. Habe geglaubt, ich hätte ihn gegen das Altern eingetauscht. Und jetzt habe ich wieder die Kraft, zu fliegen. Mein Leben hat seine gläsernen Wände verloren.
Ich habe Grieg gehört, Peer Gynt. Da war sie plötzlich, die neue Landschaft, die vor mir lag. Unbekannt und doch vertraut, mit Blick bis zum Horizont und Wasser und viel Grün.
Ich werde sanft landen, die Flügel sorgfältig auf meinem Rücken zusammenfalten und hineingehen in das Neue.

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