Jubiläum

Gestern abend im Palast der Republik. „Singing“ eine Aufführung, die Arbeiterkampflieder gegen Texte der kommunistischen Theorie setzte. „Kreativität ist Bestandteil von Produktivität“ gegen „Brüder…Sonne…Freiheit“. Emotionalität, Wünsche und Träume im Gesang, Technosprech in der Theorie. Das alles getragen von verfremdet marschierenden Schauspielern und Sängern.
Keine bahnbrechende Inszenierung, aber platziert an einem denkwürdigen Tag. Ich hatte es zunächst nicht bemerkt, als ich den Termin ausgesucht hatte. Nun saß ich am 55. Jahrestag des versunkenen Staates im Foyer seines Volkspalastes in einer Veranstaltung, die mit eben den gleichen Quellen arbeitete, wie die großen Galaprogramme der Arbeiter-und Bauern-Macht. Wenn mir jemand vor 20 Jahren einen Schnappschuß von diesem Abend gezeigt hätte, hätte ich geglaubt, ich wäre in einen Sience Fiction, in ein Paralleluniversum geraten. Die mächtige Ruine, befreit von allem Pomp und Schmuck. Stahlträger wie dunkle Knochen, dazwischen ernst marschierende Menschen in Alltagskluft.
Ich hätte Angst bekommen, vor dem, was mich erwartet.

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