Grenztest

Nachdem Elvira gestern hier vom sex appeal von Elitesoldaten geschwafelt hat, hab ich heute testen dürfen, wie es denn mit ihrem Durchhaltevermögen aussieht. Sie hat gekniffen, hat sich heute morgen noch mal im Bett umgedreht und mich allein fahren lassen.
Da hab ich mir gedacht, auch nicht schlecht, dann muß ich nicht ständig wegen Kleinigkeiten warten: Mütze richten, Sonnenbrille suchen, Lipgloss und Sonnencreme (alternativ: Handcreme) benutzen, Pipi machen („Paßt du auch auf, daß keiner kuckt???“) etc.
Ich hatte mir gestern schon eine schöne Strecke ausgekuckt, die habe ich dann mit ein paar Schwierigkeitsgraden gewürzt. Bevor ich mich endgültig auf den Weg zu der Hütte gemacht habe, die 9 km im Hinterland lag, habe ich noch ein paar kleine Haken auf dem Terrain von gestern geschlagen. Crossloipen! Für alle, die es nicht wissen, das sind die kleinen Wege seitab von den breitgespurten Langaufautobahnen. Durch den Wald, über Hügel, über Bäche oder an ihnen entlang, diese Strecken sind nicht mehr per Fahrzeug gespurt, sondern von ein paar Spinnern eingefahren. Wenn ich mich auskenne, bin ich auch ganz gern die Spinnerin, die die erste Spur zieht.
Gegen halb 2 habe ich mich dann erst auf den Weg zu dieser Hütte gemacht. Und dann wurde es anspruchsvoll. Sehr eng und steil, wenig Schnee, immer mal kamen die Steine zum Vorschein, mitten in Schußabfahrten, bei denen ich sowieso schon gebetet habe. Pünktlich um 3 Uhr ging die Sonne unter, da trank ich in der Hütte gerade meinen letzten Schluck Kakao.
Kein Problem sagte ich mir, für den Rückweg nehme ich eine andere Strecke. Ich hatte gut 1 1/2 Stunden Dämmerlicht, bis ich dringend wieder in beleuchtete Regionen kommen mußte. Ich machte mich auf den Weg. Wieder Crossloipen! Die Euphorie vom Mittag wollte sich allerdings nicht wieder einstellen. Ich habe den Spinner verflucht, der diese Spur gezogen hatte, weil er nämlich an einem Steilufer wieder umgekehrt war. Also bin ich auch wieder zurück- gefahren wäre gut – gestiegen, teilweise gelaufen, im Tiefschnee ohne Schneegamaschen. Argh!
Es wurde immer dunkler, die Schußabfahrten mußte ich jetzt nehmen, ohne die Steine zu sehen, die blank lagen. Gott sei Dank kam mir niemand mehr entgegen. Überhaupt war ich ganz froh, ohne Publikum unterwegs zu sein: fluchend, mit mir selbst redend, die Nase hochziehend und nicht mehr so hundertprozentig sicher auf den Beinen vor Erschöpfung. Wenn mich Leute getroffen hätten, wäre ich wahrscheinlich ganz schnell wieder in Oslo gewesen. Nur nicht im Hotel. Eher in der Nervenheilanstalt.
Dann kamen die beleuchteten Loipen und es waren kaum noch 4 km bis zu meiner Bahnstation. Bergauf natürlich.
Beim Hochsteigen habe ich mir geschworen, daß ich es morgen gaaanz langsam angehen werde. Vielleicht ein Museumstag, vielleicht Shopping. (Also alles das anschauen, was in Norwegen zu teuer ist. Elvira braucht schließlich noch ein paar Mäuse für ihren Urlaub mit dem MANN.)
Als ich dann im Zug saß, war der Moment aber schon wieder vorbei. Morgen geht es wieder weiter. Vielleicht nicht ganz so heftig…
Und Fotos gibt es nicht. Nur Bäume, Schnee und Himmel sind zu langweilig.

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