Hyperromantik 2
It’s never to late being a gentleman
Gestern abend in Berlin Mitte. Die Fete de la Musique löst sich gerade im Gewitterregen auf. Ich fahre mit dem Rad nach Hause und bin naß bis auf die Haut.
Vor dem Club der polnischen Versager sitzen ein paar Herren im Feinrippunterhemd, das Bier in der Hand. Als ich vorbeiradele, höre ich ein charmantes: „Madame, können wir Sie auf ein Glas Wasser einladen?“
The Halcyon Days
Sonntage sind ungeheurer Luxus, vor allem, wenn sie nicht versprochen und vergeben sind.
Um 4 Uhr aufwachen, den Sonnenaufgang fotografieren, um halb 5 Uhr Pellkartoffeln kochen und um 5 Uhr mit einer Portion Quark mit ordentlich Knoblauch essen.
Dann wieder schlafen. Um die Mittagszeit die Sonntagszeitung im Bett lesen, Tee mit Milch und After Eight an der Seite. Natürlich beobachtet vom Nachbarn schräg gegenüber, der gern schaut, was in meinem Bett passiert. Solange seine Frau nicht in Reichweite ist.
Danke, Gott, für die Ruhe des siebten Tages.
Mal sehen
Zach Breff… nie gehört. Ach so, das ist dieser nette Loser aus Scrubs. Und nun, gefördert von Danny de Vito, Regisseur, Hauptdarsteller, Sundance-Gewinner, Natalie Portman als Spielpartnerin, meine Herren!
Garden State ist ein waschechter Debütentenfilm. Da packt einer alle Themen hinein, die ihn seit der Pubertät bewegen. Viel Weltschmerz, alle Scherze, die seit Jahren lagern, werden auf Kameratauglicheit geprüft und am Schluß wird Nathalie Portman vor laufender Kamera einen satter Zungenkuß gegeben.
Eine Story hat der Film so gut wie nicht, abgesehen von der alten Geschichte von der Heimkehr des verlorenen Sohnes in sein Provinzkaff. Deshalb tut sich die Promotion in Deutschland auch so schwer, einen Aufhänger für den Film zu finden. Mit der Ambitioniertheit des Filmes zu werben, das verschreckt die jungen Scrubs-Fans. Deshalb ist der Aufhänger allüberall: He, das ist die Geschichte von nem Typen, der seit frühester Kindheit nur auf Psychopharmaka ist. Eine Art Trainspotting, nur jugendfreier und witziger.
Zach Breff hat den Charme eines jungen Hundes. Naiv, verspielt, vertrauensselig, verletzbar und im Gesicht noch so babyspeckig glatt und unversehrt. Und so einer kommt zurück in die Heimat und revidiert sein bisheriges Leben. Er ist erfolgloser Schauspieler, nur keiner seiner früheren Gefährten ist erfolgreicher. Selbst der Glückspilz, der ein Patent für lautloses Klettband teuer verkauft hat, haust in einer Riesenvilla und zieht sich sein Vermögen durch die Nase. Mitte 20 zu sein ist ein interessantes Alter. Man verabschiedet sich so langsam von der Vorstellung, genial und besonders zu sein und es dämmert einem, daß nur noch harte Arbeit zum Erfolg verhilft (was man dann bis zum Alter von 40 bis zum Exzeß durchzieht, um dann zu merken, daß es auch nix bringt).
Was hat den Reiz des Filmes ausgemacht? Situationen, die komisch beginnen und dann ins tragische kippen und umgekehrt. Ein Gespür für Ruhe, Präsenz und Langsamkeit. Slow feelings eben. Keine Albernheit auslassen (ein onanierender Mops!, ein steifer toter Hamster!) und doch nicht nach dem Beifall schielen, den sie auslösen werden. Ein ungeheuer durchlässiger Hauptdarsteller, der sich der Kamera wirklich hingibt. Märchenhaftes. Das gestrandete Boot am Ende der Welt, der unkommentierte Flugzeugabsturz, die jungen Leute in der Horror-Villa vor dem Kamin.
Hm, entweder da wächst ein Riesentalent heran (bitte gib dir Zeit, zu wachsen!) oder das wars und er macht in den nächsten Jahren wieder Comedy, was auch ok. wäre.
Mal sehen.
GI Jane
Praeferenzen
MÄNNER IN POLOHEMDEN SIND TOLL.
Sagen das Kind und Elvira.
GI Jane hats nur aufgeschrieben
Wiedergefunden
When the city of Atlantis stood serene above the sea,
Long time before our time when the world was free,
Those were the days.
Golden cymbals flying on ocarina sounds,
Before wild Medusa’s serpents gave birth to hell
Disguised as heaven.
Those were the days, yes they were, those were the days.
Those were their ways, miracles everywhere are they now?
They’re gone.
Those were their ways, yes they were, those were their ways.
Those were the days, yes they were, those were the days.
Tie your painted shoes and dance, blue daylight in your hair,
Overhead a noiseless eagle fans a flame.
Wonder everywhere.
Chorus
Ginger Baker / Mike Taylor
Ja, ist denn heut schon Weihnachten?
Heute gab es überall die Meldung, Tomb Raider samt Lara Croft käme in der neuen Version „Legend“ visuell geliftet daher. Heißt hier: 2 Körbchengrößen kleiner, kein Bikini mehr, sogar ein langärmeliges T-Shirt gäbe es für Lara. Schuld ist die neue Zielgruppenfokussierung, der Joystick soll nicht mehr nur in den schwitzigen Händen pubertierender Jungs bleiben. Auch Frauem sollten sich interessieren.
Ich bin enttäuscht. Lara Croft (die aus dem Spiel, nicht Dicklippe Angelina Jolie) mit all ihren anatomischen Unmöglichkeiten, die sie eigentlich vornüberkippen lassen müßten, fand ich cool. Mutig und doch weiblich. Sonst gab es da nur noch Sarah Connor, nein, nicht die Sängerin, Linda Hamilton in Terminator, die im zweiten Teil mal eben so Klimmzüge am Bettgestell macht.
Wollen Frauen angezogenere Frauen sehen? Haben Frauen Angst vor anatomisch ohnehin unmöglichen T…? Mädels, was ist los mit euch?
Ehe ist ein Selbstmordattentat
Wir leben größtenteils in Zweierbeziehungen, auch die Singles, sie bemühen sich zumindest, kaum jemand will wirklich allein sein. Therapiert werden wir aber meistens allein, es sei denn, es geht nun wirklich auf die Scheidung zu und es steht eine Menge – Geld, Kinder – auf dem Spiel.
Der häufig gehörte Rat ist: lauft nicht auseinander, wenn es kompliziert wird, löst eure Probleme.
Ich werde dem gegenüber immer skeptischer. Im Zeitalter der romantischen Liebe finden sich Paare im Hormonsturm, dem Danach sind sie selten gewachsen, es sei denn, zumindest einer der beiden beweist enorme Duldsamkeit und überbrückt die Kluft zwischen Erträumten und Realität. Nur, was passiert dann mit uns? Investieren wir in gelebte Enttäuschung?
Ich sehe mir ein prägnantes Beispiel seit mehreren Jahrzehnten an.
Meine Eltern haben es nie so weit gebracht mit ihrem Leben, wie man aus Startbedingungen und Potential hätte schließen können. Es ist nicht die Rede von einem Maschinisten und einer Verkäuferin sondern von einem Kernphysiker und einer Journalistin. Neidisch mustern sie ihre Umgebung. Da scheint jeder glücklicher, abgesicherter, optimistischer zu sein. Auf die Wende mit allen Brüchen läßt es sich schlecht schieben, es gibt genügend Gegenbeispiele. Ich habe mich lange Zeit über ihre Trägheit gewundert, die Dinge des Lebens konstruktiv anzugehen. Erschöpfung und Unlust, oft auch Ignoranz waren an der Tagesordnung. Dagegen in der Kommunikation ein fortwährendes Gewitter. Ein hackender Satz gibt den anderen. Eine ignorante Tat fordert die nächste heraus. Tödliche Beziehungsdynamik.
Meine Eltern waren ein Abiturpärchen, wie es unterschiedlicher nicht sein konnte. Sie aus zutiefst kleinbürgerlichem Haushalt, aus der Kraftwerksarbeitersiedlung am Dorfrand. Nur Hausfrauen dort, die gegenseitig über Klatsch und Tratsch ihren Spielraum kontrollierten und ihre Männer mittels Genörgel zu „Höherem“ anstifteten. Er als Establishmentkind, aus der ersten Kommunistengeneration kommend, die es geschafft hatte, eine Generation, die sich nun, zumindest in den eigenen Kreisen, an bürgerlichen Werten zu orientieren versuchte.
Er weltfremdes, sportliches Mathegenie, sie schlagfertige, bodenständige Beobachterin und Schreiberin.
Gefunden haben sie sich wahrscheinlich, um es ihren Eltern zu beweisen. Er, um einen Gegenpol zur überdominanten Mutter aufzubauen, einer höheren Tochter mit Machtkalkül und Haaren auf den Zähnen. Sie, um ihrer Mutter zu beweisen, daß sie mehr will, als so schnell wie möglich einen von den Tanzstunden-Dödeln, die ihr als Bräutigam aufgeschwatzt wurden, zu heiraten.
Es wurde trotzdem schnell geheiratet, ich Verkehrsunfall machte es nötig.
Und danach? Viel Fremdheit. Getrennte Wohnungen, die Abmachung, wenigstens einer solle in Ruhe studieren können, was mein Vater dann auch mit allen altstudentischen Männerbund- und Saufritualen nutzte. Meine Mutter läßt sehr schnell alle Pläne vom selbstbestimmten Singleleben fallen (und das wäre möglich gewesen, ich war selten bei ihr) und läßt ihren Kinder produzierenden Körper schuld daran sein. Mein zwei Jahre später geborener Bruder, eine lange verheimlichte Schwangerschaft (damit ihr niemand die Adresse für eine ungefährliche Abtreibung zusteckt?), wird ihr ein und alles.
Mit der Familienzusammenführung nach dem Studium beginnt der mehr als 30jährige Krieg. Da sitzt eine Patchworkfamilie zusammen, die sich längst aus den Augen und aus dem Sinn verloren hatte. Zum einen der Mutter-Sohn-Verbund, zwischen den so schnell nichts kommt. Dann ich als Exotin, der Establishment-Großmutter gerade noch so aus den Fängen gezerrt. Und ein Mann, der sich mit der Familienvater-Rolle mehr als schwertut.
Sämtliche Lebensenergie dieses Paares entgleist. Es wird viel gearbeitet, aber das Heim ist nicht der Rückzugsort zum Schöpfen neuer Kraft sondern die nächste Frontlinie.
Alles nur geklaut
John hatte das Gefühl, als sei er und jeder andere in der neuen Welt Bestandteil von etwas, das Fluch und Segen Gottes zugleich war, als seien sie eine Rasse von Fremden, die sich ständig in neue Feuer stürzten, in dem Verlangen zu brennen, dem Verlangen, sich wieder aus den Kohlen zu erheben, jedes Mal neuer und wunderbarer, immer durstig, immer hungrig, immer überzeugt, daß das, was auch immer ihnen als Nächstes begegnete, gnädig die Kreaturen auslöschen würde, die sie auf ihrer mühevollen Reise auf dem strahlenden Weg aus Plastik bereits geworden waren.
Douglas Coupland, der letzte Satz aus „Miss Wyoming“, gefunden von GI Jane

